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Publikationen

Jahresbericht IFS ITMS IRMS 2000

Inventar der Fundmünzen der Schweiz
Inventaire des trouvailles monetaires suisses

Die Aktivitäten des Inventars der Fundmünzen der Schweiz (IFS) konzentrierten sich im Berichtsjahr auf mehrere Bereiche. Im Vordergrund standen die Publikationsvorbereitung und -betreuung, der Ausbau und die Pflege der Datenbank,die vielfältigen Dienstleistungen gegenüber den Partnern sowie die Beantwortung von Anfragen. Daneben war insbesondere die erste Jahreshälfte geprägt von aktiven PR-Massnahmen im Hinblick auf eine stärkere Verankerung der Institution in ihrem wissenschaftlichen Umfeld und eine Erhöhung des Bekanntheitsgrades der angebotenen Dienstleistungen. Das Reporting der Tätigkeiten des IFS im Rahmen der Leistungsvereinbarung 2000–2003 führt zwar zu einem geringen administrativen Mehraufwand, doch geht dieser mit einer erhöhten Transparenz der Aktivitäten einher und zwingt zu einer ständigen Selbstkontrolle; beides kommt der klareren Strukturierung der Arbeitsabläufe zu Gute.

Die Zusammensetzung der Kommission blieb unverändert; sie traf sich im Berichtsjahr einmal. Der Präsident hat sich in mehreren Arbeitstreffen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über den Stand der Arbeit informiert.

Personelles und Administration

Wie im letzten Jahr umfasste der Personalbestand insgesamt 310 Stellenprozente. Am 1. Januar nahm Tünde Maradi ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IFS auf. Sie hat sich bestens in das kleine Team integriert und von Beginn an aktiv insbesondere an der Weiterentwicklung der Datenbank mitgewirkt. Die Leitung liegt weiterhin in den Händen von Rahel C. Ackermann. Als wissenschaftliche Mitarbeiter fungieren Carol Schwarz und José Diaz Tabernero, als administrative Mitarbeiterin Francoise Abriel. Der studentische Hilfsassistent Lorenzo Fedel ergänzt das Team. Besonderer Dank gebührt den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der SAGW, insbesondere A. Hofer für ihre stets freundliche Art, in der sie die mannigfaltigen administrativen Anliegen und die Finanzverwaltung des IFS betreut.

Infrastruktur

Die neuen Räumlichkeiten an der Aarbergergasse 30 in Bern haben sich bestens bewährt; die Arbeitsabläufe sind nun viel einfacher strukturiert. Nicht zuletzt die zentrale Lage hat zu einer erhöhten Besuchsfrequenz geführt. Hervorgehoben seien auch die regelmässigen engen Kontakte mit Repräsentanten verwandter Institutionen in Bern, insbesondere mit der Bearbeiterin der Fundmünzen des Kantons Bern, Susanne Frey-Kupper, und dem Konservator des Münzkabinett des Bernischen Historischen Museums, Daniel Schmutz. Dieser informelle Austausch ist für alle Beteiligten ein Gewinn.

Im Laufe des Berichtsjahres wurde die EDV-Ausstattung den neuen Bedürfnissen angepasst: Ein Server verbindet nun die einzelnen Arbeitsstationen, von denen drei ersetzt werden mussten, die eine ist zudem mit einem Scanner ausgerüstet. Über Mittel aus den Sonderkrediten konnten ferner zwei Laptops angeschafft werden, die kurzfristig auch Externen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere zur Fundmünzenerfassung in unserem System. Die Handbibliothek, eines unserer zentralen Arbeitsinstrumente, wurde im Berichtsjahr um über 200 Titel ausgebaut und um etliche wichtige Referenzwerke ergänzt. Einerseits können wir auf immer mehr Tauschpartner in den Kantonen zählen, anderseits standen uns im Berichtsjahr noch Mittel aus den Sonderkrediten zur Verfügung. Die Bibliothek wird immer häufiger auch von Externen konsultiert; vermehrt werden auch Bücher kurzfristig ausgeliehen.

Datenbank

Unsere Datenbank umfasst zur Zeit rund 3’800 Komplexe mit 199’000 Objekten, davon sind ca. 20’000 individuell erfasst. Neben der kontinuierlichen Erweiterung des Datenbestandes stand die Konzeption der Weiterentwicklung im Vordergrund. Besonders wertvoll war dabei der Erfahrungsaustausch mit Vertretern vergleichbarer Institutionen im Ausland, aber auch Stellungnahmen regelmässiger Benutzer unserer Applikation NAUSICAA.

Für Externe mit den unterschiedlichsten Systemvoraussetzungen wurde zudem eine Filemaker-Applikation entwickelt, die eine vereinfachte Erfassung ermöglicht. Diese ist zur Zeit für die Tessiner Kirchenfunde (vgl. Kasten) und für Basler Funde im Einsatz, bereits sind damit ca. 800 neu bearbeitete Fundmünzen erfasst.

Ausgebaut wurde auch der Bestand an digitalisierten Bildern von Schweizer Fundmünzen. Im Berichtsjahr wurden rund 2’000 Aufnahmen neu digitalisiert. Es ist vorgesehen, diese nach Abklärung der notwendigen rechtlichen Schritte zusammen mit den rund 3’500 bereits vorhandenen in die Datenbank einzubinden.

Publikationen

Im Berichtsjahr erschien das Bulletin IFS ITMS IRMS 7, welches wiederum eine Uebersicht aller im Vorjahr entdeckten und/oder publizierten Fundmünzen der Schweiz enthält. Erstmals vereinfachen Verbreitungskarten den Zugang zu den vorgelegten Informationen. Besonderes Gewicht kam allerdings der Vorbereitung unserer nächsten monographischen Publikation (IFS 6) zu, die in diesen Wochen in Druck geht: Benedikt Zäch legt darin sämtliche mittelalterlichen und neuzeitlichen Fundmünzen des Kantons St. Gallen vor. Es handelt sich um insgesamt 156 Fundeinheiten aus 53 Gemeinden; 783 numismatische Objekte werden detailliert vorgelegt, 572 auf den Tafeln abgebildet. Weit fortgeschritten sind zudem die Vorbereitungen zur Neuenburger KantonsUebersicht und zu einem zweiten Zuger Band.

Ausserdem stellte R. C. Ackermann das IFS in der Zeitschrift «Geschichte und Informatik» vor, während J. Diaz Tabernero zwei Bündner Komplexe vorlegen konnte: Einen Münzfund des 10. Jahrhunderts aus Chur, zusammen mit B. Zäch, und Funde aus einer Kirche bei Vella. Eine Vorstellung des IFS erfolgte ferner in den Akten des letzten Internationalen Numismatischen Kongresses in Berlin, die im Berichtsjahr publiziert worden sind (vgl. Publikationsliste). Ein Kurzportrait unserer Institution in französischer und in deutscher Sprache erschien zudem in der Zeitschrift «VISION».

Dienstleistungen und Kontakte

Intensive Kontakte bestanden mit den für die Fundmünzen zuständigen Stellen in fast allen Kantonen, insbesondere im Hinblick auf die jährliche Fundstatistik, die im IFS-Bulletin in Kurzform vorgelegt wird. In den Kantonen Aargau. Graubünden und Luzern hat das IFS die Neufunde gesichtet und zum Teil abschliessend bestimmt. Für den Kanton Neuenburg wurden im Zusammenhang mit den Publikationsvorbereitungen einzelne kleinere Komplexe durch C. Schwarz bestimmt; sie pflegt auch den zeitweise intensiven Kontakt mit den drei Autoren und den entsprechenden kantonalen Stellen. L. Fedel bestimmte wieder die vorgewiesenen Münzen am «Tag der offenen Tür »des Historischen Museums des Kantons Thurgau in Frauenfeld.

J. Diaz Tabernero erstellte für den Kanton Graubünden einen Katalog der 26 Fundmünzen aus der Kirche St. Vincentius in Pleif bei Vella. Dieser erscheint Ende Jahr zusammen mit einem Kommentar. Für den Kanton Obwalden (Anfrage J. Obrecht) wurde der Katalog der numismatischen Funde der Alpwüstung Kerns-Müllerenhütte publikationsfertig übergeben. Besonders eng ist die Zusammenarbeit auch mit dem Kanton Tessin (vgl. Kasten).

Fundmünzen aus Kirchengrabungen im Kanton Tessin

Bisher war lediglich bekannt, welche römischen Münzen im Kanton Tessin gefunden worden sind. Die numismatischen Objekte des Mittelalters und der Neuzeit hingegen konnten weder bezüglich der Anzahl noch ihrer Herkunft näher bezeichnet werden. Ein aktuelles Projekt des IFS hat nun zum Ziel, die Fundmünzen aus Kirchengrabungen im Kanton Tessin aufzuarbeiten und zu publizieren.

Für dieses wichtige Projekt in enger Zusammenarbeit mit dem «Ufficio dei beni culturali» in Bellinzona konnte Prof. H.-U. Geiger gewonnen werden. Im Rahmen von Sonderkreditmitteln bearbeitet er seit Anfang Jahr die ca. 1000 Münzen und erfasst sie in unserer FileMaker-Applikation. Die Objekte werden zur Bearbeitung im Münzkabinett des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich deponiert, wo auch die wichtige Referenzbibliothek benutzt werden kann. Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Studie als IFS-Band vorgelegt.

An dieser Stelle soll der wichtigste Komplex – die Pfarrkirche SS. Nazario e Celso in Airolo – kurz vorgestellt werden. Mit 357 Münzen handelt es sich um die aus numismatischer Sicht bisher fundreichste Kirchengrabung im Kanton Tessin. Nicht nur die Anzahl, sondern auch die Vielfalt der vertretenen Prägungen ist erstaunlich: Es sind nicht weniger als 37 Münzherrschaften vertreten! Die weitaus meisten Prägungen stammen mit 143 Exemplaren aus Mailand, gefolgt von der Herrschaft Asti (60 Ex.), Pavia (21 Ex.), Venedig (15 Ex.), der Markgrafschaft Monferrato (13 Ex.) und Genua (11 Ex.). Die anderen Prägeherrschaften sind mit wenigen oder nur einem Stück belegt. Die ältesten Münzen sind ein Pfennig der Fraumünsterabtei Zürich sowie einer des Bistums Basel, beide geprägt in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Als jüngste Münze konnte ein Centesimo des Jahres 1822 aus dem Königreich Lombardei-Venetien identifiziert werden. Zeitlich liegt der Schwerpunkt der Fundmünzen aus Airolo in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Herkunft der Objekte liegt mehrheitlich im lombardischen (z. B. Mailand) und piemontesischen (z. B. Asti und Monferrato) Raum; lediglich 7% stammen von verschiedenen Orten in der Schweiz und in Deutschland. Einzelne Stücke muten etwas exotisch an, wie etwa der Hohlpfennig des Königreichs Dänemark aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts oder der Denaro der Grafschaft Athen, geprägt 1280–1287.

Die Fundmünzen aus Airolo geben uns Einblicke in den lokalen und regionalen Münzumlauf einer am Schnittpunkt der Rhone-Rheintal-Route und der Gotthardachse gelegenen Ortschaft. Die Zusammensetzung und Veränderung des Geldumlaufes während des Mittelalters und der frühen Neuzeit geben uns Hinweise auf sich wandelnde wirtschaftliche und politische Verhältnisse.

Karte der in Airolo vertretenen Münzstätten.
Karte der in Airolo vertretenen Münzstätten.

In Fortsetzung eines unserer Sonderkredit-Projekte werden aus den Korrespondenzbänden der Antiquarischen Gesellschaft Zürich sukzessive alle für Münzfunde relevanten Briefe transkribiert. Bereits ist über die Hälfte der Korrespondenz gesichtet. Diese Arbeit wird im nächsten Jahr weitergeführt.

Im Berichtsjahr wurden über 400 Anfragen an das IFS gerichtet; davon galten 42 unserer Datenbank. Unsere Handbibliothek und die Infrastruktur wurden rege benutzt. Von Januar bis November haben wir 96 Besucher in unseren Räumlichkeiten willkommen heissen können; hervorzuheben sind insbesondere – in chronologischer Reihenfolge – das Generalsekretariat der SAGW, das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie der Römischen Provinzen der Universität Bern, Kollegen aus dem In- und Ausland anlässlich einer Tagung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Fundmünzen in Bern, der Vorstand der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Münzkabinetts Winterthur.

Weitere Tätigkeiten

Am 6. Januar wurde der Band über die Fundmünzen aus dem Mithräum von Martigny (IFS 5) an einer Presseorientierung in Martigny der Öffentlichkeit vorgestellt. Referate des Regierungspräsidenten, Staatsrat J.-J. Rey-Bellet, des Kantonsarchäologen und Ko-Autors des Bandes, F. Wible, sowie des Schreibenden unterstrichen nicht nur die Bedeutung des Bandes, sondern auch der archäologischen Forschung und vor allem der Notwendigkeit, deren Resultate der Öffentlichkeit und der Forschung durch Publikationen zugänglich zu machen. In der Folge erschienen mehrere Artikel in der Tagespresse; verschiedene Radiostationen strahlten Berichte und Interviews aus.

Die Jahrestagung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Fundmünzen (S AF) fand am 3.–4. März in Bern in der Form eines internationalen Kolloquiums zum Thema «Regionalität und überregionale Einflüsse im Geldumlauf» statt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IFS waren an der Organisation beteiligt und nahmen vollzählig an der Tagung teil. J. Diaz Tabernero referierte zum Thema «Der mittelalterliche Geldumlauf Graubündens». Während der Tagung besuchten zahlreiche Kollegen aus dem In- und Ausland die Räume des IFS.

J. Diaz Tabernero vertrat das IFS an einem Kongress in Padova (31. März – 2. April) zum Thema «Ritrovamenti monetali nel mondo antico: problemi e metodi», T. Maradi und R.C. Ackermann an einer Tagung des Vereins «Geschichte und Informatik» zu «Datenkonzepte und Geschichte» (19. Mai). Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen an den Jahrestagungen der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Mittelalterarchäologie (SAM) in Brugg und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Provinzialrömische Archäologie (ARS) in Solothurn teil. Besonders ertragreich war die Präsenz von R. C. Ackermann an einem internationalen Kolloquium, das zu Ehren des 90. Geburtstages von Philip Grierson, dem Doyen der mittelalterlichen Numismatik, in Cambridge stattgefunden hat (14.–15. November). Die engen Kontakte, die sie mit den Verantwortlichen der numismatischen Sammlungen im Fitzwilliam Museum knüpfen und vertiefen konnte, sind insofern wichtig, als die dortige Fundmünzen-Datenbank eine weltweit führende Stellung einnimmt. Das IFS wird von der enormen Grundlagenarbeit, die in Cambridge insbesondere im Bereich der online-Abfragemöglichkeiten der Datenbank geleistet worden ist, zweifellos sehr profitieren können.

Ausblick

Abgesehen von den routinemässigen Aufgaben – Betreuung der Partner, Beantwortung von Anfragen, Publikationsvorbereitung, Pflege und Erweiterung der Datenbank – wird im nächsten Jahr mehrgleisig am Projekt der onlinc-Abfragemöglichkeiten unserer Datenbank gearbeitet werden. Zu prüfen sind einerseits rechtliche Aspekte, andererseits gilt es, unterschiedliche Wege der elektronischen Umsetzung zu evaluieren. Gerade auch in diesem Zusammenhang werden intensive Kontakte mit verwandten Institutionen im Ausland von grosser Wichtigkeit sein. Grosses Gewicht wird ferner der Aufarbeitung mehrerer Fundmünzen-Komplexe aus verschiedenen Kantonen in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Bearbeiterinnen und Bearbeitern im Hinblick auf weitere Katalogpublikationen zukommen.

Markus Peter